Bestrafung in der Kindererziehung

Bestrafung in der Kindererziehung

1930 war nicht nur das Jahr, in dem der Zwergplanet Pluto entdeckt wurde, es war auch der Startschuss für eines der folgenreichsten Experimente der Psychologiegeschichte. Der Psychologe Burrhus Frederic Skinner bastelte an einer Box. Die Box hatte in etwa die Form eines Schuhkartons. In der Box waren ein Schalter, zwei Lämpchen und ein Loch, aus dem Futter fallen konnte. Ein bisschen erinnerte sie wohl an eine Bombe aus irgendeinem Actionfilm. Als die Box fertig war, steckte er eine Ratte hinein.

In der ersten Versuchsanordnung bekam die Ratte jedes Mal Futter, wenn sie den Schalter drückte. Da man der Ratte aber unmöglich sagen konnte, was sie zu tun hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als in dem Schuhkarton hin- und herzulaufen, an allem zu schnuppern, um dann durch Zufall mit der Nase den Schalter zu drücken. Zur Verwunderung der Ratte fiel dann ein Stück Futter aus dem Loch.

Skinner bemerkte, dass die Ratte wiederholt den Schalter betätigte. Sie hatte den Zusammenhang anscheinend gelernt. Mit jedem weiteren Stück Futter schien die Ratte überzeugter. Das Verhalten wurde durch das Futter verstärkt. Logisch, die Ratte isst halt gerne.

Skinner hatte aber auch eine dunkle Seite. Er änderte das Experiment und hat die Box mit einem Gitterboden ausgestattet. Jedes Mal, wenn die Ratte nun den Schalter betätigte, bekam sie einen Stromschlag. Vermutlich kannst du dir denken, wie oft die Ratte den Schalter gedrückt hat… Sie hat auch dieses Mal einen Zusammenhang gelernt. Durch Bestrafung.

Wir bestrafen Kinder, Arbeitskollegen, Freunde und Verbrecher

Bestrafungen kennen wir auch selbst. Zum Beispiel als Kinder, wenn wir mit den dreckigen Schuhen durch die Wohnung gelaufen sind und dann hinterher alles wischen mussten. Oder im Arbeitsleben, wenn wir die Deadline nicht einhalten und uns von unserem Chef anbrüllen lassen. Es gibt zahlreiche Bestrafungen. Dabei übersieht man nur zu leicht die Details des Rattenexperiments. Denn sonst wäre eigentlich klar, dass Bestrafungen nichts bringen.

Die zwei Lämpchen in der Box hatten nämlich auch eine Bedeutung. In einer Variante des Experiments leuchtete das eine Licht rot. Wenn es das tat, war es für die Ratte das Beste, wenn sie den Schalter nicht betätigte. Wenn aber das Licht ausging und stattdessen das grüne Licht leuchtete, dann sollte die Ratte sehr wohl auf den Schalter drücken, denn dann gab es Futter!

Und was für Ratten kein Problem ist, stellt für Menschen erst recht keines dar.

Jetzt mal ganz ehrlich. Wenn der Chef nicht da ist, machen wir uns dann wegen einer Deadline Sorgen?

Ein rotes Licht auf der Stirn

Wer glaubt, dass Kinder etwas nicht tun, nur weil man „Nein“ sagt? Übersieht wohl das rote Licht auf der eigenen Stirn. Wenn man nach dem „Nein“ den Raum verlässt, sollte man sich unbedingt Sorgen machen.

Wer seine Kinder bestraft, kann damit rechnen, dass das unerwünschte Verhalten nur unterdrückt wird, aber auf keinen Fall, dass es sich verändert. Sobald das Elternteil aus dem Blickwinkel ist, geht die Party los.

Bei aggressiver Bestrafung lernt das Kind außerdem Aggressivität als Problemlösung. Es bekommt Angst und fürchtet sich vor dem strafenden Elternteil. Im weiten Lebensverlauf kann das ein Auslöser oder wenigstens ein Verstärker für Depressionen sein.

Die Lösung: Kekse

Was ist die Lösung? Die Lösung ist immer: Ein liebevoller Umgang. Die Wünsche und Sorgen des Kindes Ernst nehmen. Mit Respekt kommunizieren. Und das möglichst auf Augenhöhe.

Skinners Erkenntnis ist ganz einfach: Gib dem Kind keine Kekse, wenn es dich anschreit. Ansonsten gib dem Kind Kekse.

Und für den Rest der Zeit darf es dann auch mal Micky-Maus-Filme. Die mit Pluto, dem Hund. Der Hund, der übrigens auch zum ersten Mal im Jahre 1930 erschienen ist, wie der Planet und die Skinnerbox.