Wie man seine Passion wiederentdeckt

Wie man seine Passion wiederentdeckt

Photo by Daiga Ellaby on Unsplash

Hast du schon mal gespielt?

Was für eine dumme Frage, oder? Na klar hast du schon mal gespielt. Wer hat denn noch nie gespielt?

Dann frage ich anders: Wann hast du das letzte Mal gespielt?

Wenn du jetzt überlegen musst, kein Problem, nimm dir die Zeit. Ja, Gesellschaftsspiele zählen auch dazu. Ja, auch Computerspiele. Und JA, deine heimliche Playmobil-Leidenschaft zählt auch dazu!

Aber spielen wir nicht alle viel zu wenig?

Wieso? … Wir sind doch keine Kinder mehr. Wir sind schließlich erwachsen! Im Ernst des Lebens angekommen und wer noch nicht angekommen ist, sollte seine Beine in die Hand nehmen und schnellstens ankommen. Komm endlich an mein Kind! Bau ein Haus, mach uns zu Großeltern, achte bloß auf deinen sicheren Job! Komm bloß an! LOS! KOMM! AN!!!!

Träume und Visionen sind schön, du kannst ja mal ein Buch schreiben, Irgendwann.

CUT!

Spulen wir mal ein bisschen zurück. Erinnerst du dich noch an deine Kindheit?

Kinder spielen den ganzen Tag. Nagut, zwischendurch quengeln sie, weil sie unbedingt dieses oder jenes brauchen, aber im Grunde spielen sie wirklich die ganze Zeit über.

Kinder tun so, als ob sie die Feuerwehr wären, wenn sie mit ihrem Feuerwehrauto durch das Wohnzimmer sausen.

Kinder tun so, als wenn sie Römer wären, wenn sie das Essen über den Tisch katapultieren, ihre Geschwister unterjochen oder randalieren.

Spielen ist „so tun, als ob“.

Kinder tun so, weil sie ausprobieren möchten, wie es wäre, wenn. Weil sie die Welt begreifen wollen.

Erwachsen sind wir, wenn wir meinen wir hätten die Welt begriffen. Aber die einzige die was begreift, ist die Welt. Nämlich wie gut sie uns im Griff hat!

Wenn Kinder spielen, dann lernen sie etwas über die Welt. Aber HALT! Das Lernen ist NICHT ihre Motivation. Es ist nicht das Ziel, das sie antreibt. Es ist das Tun!

Vielleicht hast du dir eine intelligentere Erkenntnis gewünscht, dann muss ich dich leider enttäuschen. Denn Kinder spielen tatsächlich zum Spaß.

Psychologen, Motivationstrainer und Erzieher würden sagen, die Kinder tun die Dinge um ihrer selbst Willen. Vermutlich würden sie es mit „intrinsisch motiviert“ betiteln. Intrinsisch, weil die Motivation aus ihnen selbst heraus kommt. Kinder bekommen kein Geld fürs Spielen. Die meisten jedenfalls nicht.

Freude ist etwas Sonderbares. Auch wenn wir manchmal annehmen, dass wir erst alles lernen müssten, damit wir irgendetwas hinbekommen, dann gibt es doch Dinge, die wir einfach können. Freude zum Beispiel. Freude ist tief in uns verankert. Freude kann uns antreiben. Freude würden dieselben Psychologen, Motivatoren und Erzieher von eben wohl als „primäre Verstärker“ bezeichnen. Primäre Verstärker sind ungelernte Dinge, die uns antreiben. Die Biologie stopft sie in unser Gehirn. Womöglich über Gene. Vielleicht auch mit der Muttermilch.

Hunger motiviert uns aufzustehen und zum Kühlschrank zu laufen. Je mehr Hunger, desto schneller laufen wir. Einfache Mathematik.

Oder Freude. Wenn uns etwas Spaß macht, dann tun wir es, auch wenn wir die Zeit anders verbringen könnten. Zum Beispiel mit Abwasch. Wäre doch viel nützlicher, oder? Ja, warum tun wir überhaupt etwas, dass Spaß macht, wo wir unsere Zeit doch mit so viel Nützlichem vollstopfen könnten.

Spulen wir vor.

Das liebe Geld

Irgendwann werden wir Erwachsen und wir fangen an zu arbeiten. Gehen wir einmal vom bestmöglichen Fall aus: Wir bekommen einen Job, indem wir das tun können, was uns schon als Kind Spaß gemacht hat. Großartig oder?

Das ist bei Dir nicht der Fall? Dann keine Sorge, einfach weiterlesen, denn vielleicht stehst du am Ende gar nicht schlechter da.

Wir machen also nicht nur, was uns Spaß macht, wir kassieren auch noch Kohle dafür! Jackpot!

Erinnerst du dich noch an die „primären Verstärker“? Es waren die Dinge, die uns von ganz allein antreiben. Die tief in unseren Knochen stecken.

Geld ist ein „sekundärer Verstärker“. Auch wenn es einige Manager wohl anders sehen, ist Geld kein biologisches Bedürfnis. Jedenfalls keines, dass in unseren Genen irgendwie kodiert wäre.

Stattdessen ist Geld ein gelerntes Bedürfnis.

Sekundäre Verstärker funktionieren, weil sie an primäre Verstärker gekoppelt sind. Halt, halt, HALT! Noch mal. In unserem Beispiel bedeutet das: Geld (sekundärer Verstärker) wirkt, weil es an Freude (primärer Verstärker) gekoppelt ist. Von Geld können wir uns Dinge kaufen, die uns fröhlich machen. Wenn wir das weiter treiben und uns immer wieder Dinge kaufen, die uns fröhlich machen, dann freuen wir uns irgendwann sogar, wenn wir einfach nur die Geldscheine zählen. Logisch, oder?

Wenn wir etwas wegen einem sekundären Verstärker (z. B. Geld) tun, dann nennt man das „extrinsisch motiviert“.

Spielende Kinder sind intrinsisch motiviert, weil: Spaß.

Schuftende Erwachsende sind extrinsisch motiviert, weil: Geld.

Stell dir vor, du backst für dein Leben gerne Kuchen. Marmorkuchen, Streuselkuchen, Himbeertorte. Du kannst gar nicht genug davon haben. Also machst du dein Hobby zum Beruf und fängst eine Ausbildung zum Konditor an.

Die Ausbildung macht Spaß. Du bekommst einen Hungerlohn, aber das ist dir egal. Schließlich ist es deine Leidenschaft.

Nach drei Jahren hast du die Ausbildung hinter dir und du arbeitest in einer kleinen Konditorei. Dein Gehalt hat sich nach der Ausbildung verdreifacht. VERDREIFACHT! Geil!

Nach einigen Jahren überlegst du Konditormeister zu werden. Du ziehst die Zusatzausbildung durch und schaffst es auf Anhieb.

Du machst deinen eigenen Laden auf. Dein Einkommen hat sich soeben verfünffacht. VERFÜNFFACHT!!!

Eines Tages kommt eine Kundin in deinen Laden und fragt, ob du ihr eine Torte für 5 Euro backen könntest. Du musst nicht lange rechnen, um festzustellen, dass man mit diesen 5 Euro nicht mal deinen Lohn für 10 Minuten zahlen könnte.

Aber nach kurzer Bedenkzeit gibst du dir dann doch einen Ruck. Schließlich bezeichnest du dich als leidenschaftlicher Konditor. Aber irgendwie ärgerst du dich beim Mehl ausschütten. Beim Knetvorgang lässt dich der Gedanke nicht los, dass du hier gerade für einen Hungerlohn schufftest. Unter deinem Wert!

Dann kann ich dir gratulieren: Herzlichen Glückwunsch, Du hast soeben deine intrinsischen Motive – den Spaß am Backen – gegen extrinsische Motive getauscht: die Kohle.

Du hast deine intrinsische Motivation externalisiert!

Du hast keinen Spaß mehr an einer eigentlich für dich so erfüllenden Tätigkeit. Traurig oder?

Abwärtsspirale

Wenn man die primären Verstärker (z. B. Freude) gegen sekundäre (z. B. Geld) tauscht, kann genau das passieren. Man gerät in die Fänge des Geldes und entfernt sich immer mehr von dem, was einen eigentlich erfüllt.

Wir sammeln immer mehr Geld. Wir steigern uns immer weiter. Aber wir befriedigen die Bedürfnisse, die wir eigentlich mit unserem Verhalten befriedigen wollen, nicht mehr.

Das Gemeine ist: Sekundäre Verstärker vermitteln uns den Eindruck, dass sie uns guttun, weil sie ursprünglich auf die Verbindung mit einem primären Verstärker zurückzuführen sind. Aber das ist nur Schein.

Darum werden einige Menschen mit jedem Euro, den sie einnehmen, unglücklicher. Das biologische Bedürfnis, die Sehnsucht, die Wünsche und Visionen lassen sich in den wenigsten Fällen mit dem Kontostand befriedigen.

Die Lösung

Die Lösung ist ganz einfach: Wir müssen die Freude am Tun wiederfinden!

Geld (sekundärer Verstärker) ist GUT, WENN die zugrundeliegende Aufgabe Spaß macht (primär verstärkt ist).

Der Fokus sollte auf der Aufgabe liegen, nicht auf dem Geld.

Für etwas bezahlt zu werden, das einem Spaß macht, ist toll, aber wenn man etwas nur noch seiner Bezahlung wegen macht, besteht Handlungsbedarf.

Du backst gerne Kuchen? Dann backe auch in deiner Freizeit!

Du programmierst gerne? Dann programmiere in deiner Freizeit!

Du hast gerne Kontakt zu Menschen? Dann triff dich in deiner Freizeit mit Menschen!

Es einfach tun, wird die Freude zurückbringen.

Es einfach tun, offenbart die primären Verstärker. Was ist es eigentlich, dass dir an einer Tätigkeit Freude bereitet?

Mache kleine Schritte, vielleicht ein Nebenprojekt. Übertreibe es nicht. Halte dich etwas zurück und früher oder später wirst du sie nicht mehr halten können, wenn sie dich wieder packt, deine Passion! So wie mich das Schreiben wieder gepackt hat!